14.02.23

Thermografie von elektrischen Verteilungen - So gut wie möglich oder so gut wie nötig
Elektrische Verteilungen
unterliegen gemäß Anhang 1.4 der Arbeitsstättenverordnung, während die
elektrische Ausrüstung von Maschinen (Maschine = Arbeitsmittel) der
Betriebssicherheitsverordnung unterliegt. Beide Arten von elektrischen
Installationen werden weiterhin berufsgenossenschaftlich durch die DGUV
Vorschrift 3 erfasst. Aufbauend auf dem VDE-Normenwerk gibt es dann
eigentlich schon genügend Anregungen für wiederkehrende Prüfungen, d. h.
Inspektionen.
Die
Erfüllung von solchen Vorgaben Dritter ist für Sie als Instandhalter
natürlich ein Muss, damit nichts passiert bzw. wenn etwas passiert, Sie
keine Pflichtverletzung begangen haben. Ihr Unternehmen erwartet aber in
der Regel mehr, nämlich, dass die Anlagen, für die Sie verantwortlich
zeichnen, funktionieren. Dabei hilft Ihnen jede Maßnahme weiter, die die
Verfügbarkeit Ihrer Anlagen erhöht. Hier ist auf jeden Fall die Thermografie (thermos ~ warm, graphie ~ schreiben) zu nennen, die bei den bisher genannten Regelwerken keine Rolle spielt.
Viele
Versicherer verpflichten den Versicherten (Ihr Unternehmen), die
VdS-Prüfung nach Klausel 3602 durch einen VdS-Sachverständigen gemäß dem
Regelwerk VdS 2871 durchführen zu lassen. Falls die Thermografie
durchgeführt wird, ist bei der VdS-Prüfung gemäß VdS 2871 die Nutzung
einer Thermografiekamera gemäß VdS-Regel 2228 vorgeschrieben.
Von
Vorteil ist diese Prüfung, da sie mit einer qualifizierten Kamera
durchgeführt wird. Nachteilig ist, dass Sie von dem VdS-Sachverständigen
ja nur zu einem Zeitpunkt die elektrischen Anlagen thermografieren
lassen. Vielfach zeigen sich Probleme, wie z.B. lose Klemmen, aber nur,
wenn ein merklicher Strom (erfahrungsgemäß eine mindestens 20 %ige
Auslastung der zu untersuchenden Anlagen hinsichtlich ihres maximal
möglichen Betriebsstroms) über diese fließt.
Aus diesem Grund sollte die Instandhaltung über eine eigene Thermografiekamera verfügen, damit zu den Zeitpunkten mit merklichem Strom
thermografiert werden kann und somit die gesamte elektrische Anlage
garantiert „vernünftig“ thermografiert wurde. Dieser Strom ist
gegebenenfalls zu messen oder über die Zuordnung des Verbrauchers zu der
Klemme zu plausibilisieren.
Mehrere Mitarbeiter sollten dabei in der Lage sein, die Thermografie sachgerecht durchzuführen.
Somit könnte man die Thermografie im Rahmen von betrieblichen
Sichtprüfungen miterledigen und hätte damit die maximale Prüfbreite. Wie
sollten diese Mitarbeiter nun qualifiziert werden? Möglich wäre die
Ausbildung,z. B. zum VdS-Sachverständigen für Elektrothermografie (6
Tage, > 3000 €) oder zur Fachkraft für Thermografie (Stufe 1-3).
Diese Ausbildungen sind jedoch recht kostspielig und sicherlich nicht
für mehrere Mitarbeiter durchführbar. Praktischer ist sicherlich eine
betriebsnahe Ausbildung, die beinhalten sollte:
- Sicherheit bei der Thermografie
- Prinzip der Thermografie mit Bezug zum Emissions- und Reflektionsgrad
- Praktische Beispiele von thermischen Problemen der elektrischen Anlage
- Durch Thermografie Schwachstellen aufdecken und beseitigen
- Ausbildung mit der Thermografiekamera des Betriebs
Auf diese Weise können Sie mit
vertretbarem Aufwand betriebsnahe Thermografie mit maximalem Ergebnis,
sprich Erhöhung der Verfügbarkeit der elektrischen Anlage, betreiben.
Expertenwissen erhalten Sie zum Thema in unserem Seminar "Thermographie in der Instandhaltung" (Seminar-Nr. 05-859)
Ein Auszug aus der VEFK aktuell 10/2022
Wolfgang Schwinn
Senior Consultant
TÜV Saarland Bildung + Consulting GmbH
Peter Neu
Senior Consultant
TÜV Saarland Bildung + Consulting GmbH